1933 lebten 118 Menschen jüdischen Glaubens in Schwäbisch Hall. In den darauffolgenden Jahren wurden nachweislich 46 von ihnen durch das NS-Regime ermordet. Darunter auch Hanna Niegho.
Hanna Niegho wurde 1921 als Hanna Zamory geboren und zog nach der frühen Scheidung ihrer Eltern zu ihren Verwandten nach Schwäbisch Hall. Dort wuchs sie behütet auf und besuchte bis zur achten Klasse die Mädchenrealschule. 1935 ging sie nach Berlin, um sich dort auf ihre geplante Ausreise nach Palästina vorzubereiten. Zu dieser Ausreise sollte es jedoch nie kommen, da Hanna dort ihren späteren Mann Josef Niegho kennenlernte. Nach ihrer Hochzeit 1938 bekam das Paar zwei Töchter, Elvira (*1939) und Gisela (*1942). Am 04.08.1943 wurde die junge Familie schließlich von den Nationalsozialisten nach Ausschwitz deportiert und dort ermordet.
Um auf ihr Schicksal und das vieler weiterer jüdischer Menschen aufmerksam zu machen, wurden im Zuge der Erinnerungskultur sogenannte Stolpersteine verlegt. Die goldenen Steine sind jeweils vor dem letzten selbst gewählten Wohnort der Opfer des Regimes platziert. Sie tragen eine Inschrift mit den Namen, Geburts- und Sterbedaten sowie den Sterbeorten der Betroffenen. So ist beispielsweise der Stein von Hanna Niegho folgendermaßen beschriftet: „Hier wohnte Hanna Niegho, geb. Zamory, JG. (Jahrgang) 1921, deportiert 1943, ermordet in Ausschwitz“.
Die Stolpersteine sollen jedoch nicht nur an die Ermordung und Deportation der jüdischen Bevölkerung erinnern, sondern auch an ihre systematische Ausgrenzung, die seit Beginn des Nationalsozialismus 1933 immer präsenter wurde und sich schließlich zu offener Gewalt umwandelte.
So fand in der Nacht vom 09.11 auf den 10.11.1938 landesweit die Reichpogromnacht statt. In dieser Nacht wurden unzählige Wohnungen und Geschäfte jüdischer Menschen verwüstet, ihr Besitz zerstört und sie selbst misshandelt und verhaftet. Auch in Schwäbisch Hall fanden derartige Ausschreitungen statt. Diese gipfelten im Brand der Steinbacher Synagoge, die aufgrund des nicht erfolgten Eingreifens der Haller Feuerwehr, bis auf ihre Grundmauern niederbrannte.
Um der Verantwortung des Erinnerns an die damaligen Geschehnisse gerecht zu werden sind Gedenkveranstaltungen essenziell. Demnach fand am Freitag, dem 07.11.25, eine großangelegte Putzaktion der Haller Stolpersteine statt. Organisiert und umgesetzt wurde die Aktion vom Bündnis für Demokratie und Menschenrechte SHA, in Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern des EWGs, die auch zukünftig Patenschaften für Stolpersteine übernehmen.
Folglich betreuten Theresa Dieter (9a), Noelle Egert (8a), Henoch Miehe und Alouan Chokr (beide 8a) sowie Helen Glantz, Amelie Hannemann, Ariska Kirubakaran (alle 10d) und Pauline Ellenrieder (11) mehrere Stolpersteine in der Haller Innenstadt.
Aufgestellte Staffeleien mit Bildercollagen der betroffenen Jüdinnen und Juden luden Passanten ein, einen Moment innezuhalten und mit den Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen. Viele von ihnen nutzen die Gelegenheit um mehr über die deportieren Haller Bürger zu erfahren. So entstanden viele tiefgründige Gespräche mit viel Anteilnahme.
Jedoch fand neben dem großen Interesse der Haller auch diskrete oder sogar offene Ablehnung gegenüber der Aktion statt. Einige Schülerinnen und Schüler sahen sich demnach während ihres Einsatzes für das Gedenken mit Beschimpfungen wie beispielsweise „Schuldkult“ konfrontiert.
Derlei Vorfälle zeigen umso deutlicher wie wichtig das Erinnern und Aufarbeiten der NS-Zeit wirklich ist. Insbesondere in einer Zeit, in der ein stetig wachsender Anteil der deutschen Bevölkerung eine Partei befürwortet, die offen nach Ausgrenzung und Diskriminierung strebt.
Nach einer Ausgrenzung die vor 85 Jahren im Tod von Million von Menschen endete. Dabei sollten wir es doch besser wissen. Wir sollten uns erinnern. An Menschen wie Hanna Niegho und ihre Familie, an die Ausschreitungen vor 87 Jahren, an unsere Verantwortung, sodass so etwas nie wieder geschieht.
Pauline Ellenrieder
Auf den Bildern zu sehen sind:
Theresa Dieter (9a) und Noelle Egert (8a), Stein für Helene Roberg
Helen Glantz und Amelie Hannemann (10d), Stein für Klara Schlachter
Pauline Ellenrieder (KS1) und Ariska Kirubakaran (10d), Stein für Hanna Niegho
Henoch Miehe und Alouan Chokr Surrey (8a), Stein für Emil Obenheimer
