Dieses Schuljahr haben wir als EWG zum ersten Mal einen Seminarkurs mit geschichtlicher Ausrichtung angeboten- und die Schüler*innen haben ihn unter der Leitung von Frau Hölzel mit großem Erfolg abgeschlossen. Unter dem Leitthema „Ge-(denken)“ haben wir uns an die Arbeit gemacht: Die erste Herausforderung war es, ein Thema zu finden, bei dem man selbst Forschungsarbeit leisten kann- den geschichtlichen Blickwinkel dabei zu wahren, war ein Leichtes. Nach gemeinsamem Grübeln fanden sich interessante und anspruchsvolle Themen: Anni Ring ging auf familiäre Spurensuche und erforschte die Kultur und das Brauchtum der Bessarabiendeutschen und deren Bewahren nach ihrer Umsiedlung nach Deutschland- stammen doch ihre Urgroßeltern von dort. Vertreter des „Hauses der Bessarabiendeutschen“ in Stuttgart waren ihr willkommene Gesprächspartner, um ihre eigenen Wurzeln zu erkunden. Anni betont, dass sie bei ihrer Erforschung durchaus Mühen empfunden habe, aber sie sei über sich hinausgewachsen und habe viel für ihre Zukunft gelernt.
Thematisch ganz andere Spuren verfolgte Pia Kühnle: Sie interessierte sich für den Umgang mit Rechtsextremismus und ob sie Spuren rechten Denkens in Schwäbisch Hall findet. Über den Ku-Klux-Klan bis zum NSU entdeckte Pia erstaunliche Querverbindungen, besuchte die Limpurg und die Geyersburg als ehemalige Versammlungsorte Rechtsextremer und untersuchte Präventionsmaßnahmen des Staates und Möglichkeiten der Gesellschaft, dieser Bewegung entgegenzutreten. Vor Ort war auch Maya Kern unterwegs, die die KZ- Gedenkstätte Hessental unter die Lupe nahm und erforschen wollte, ob sie zur Erinnerungskultur der jüngeren Generation beiträgt. Auch sie erfuhr so Geschichte hautnah vor Ort. Emotional hat Maya ihre Recherche einiges abverlangt- aber auch sie betont, dass sich die Zeit gelohnt und für ihre Zukunft viel gebracht habe. Aus Schwäbisch Hall heraus wagten sich thematisch Marcel Müller und Joa Kindermann. Marcel widmete sich dem Phänomen der „Ostalgie“, führte ein Interview mit dem Autor Alexander Kühne, der uns jüngst am EWG einen sehr guten Einblick in die Protestkultur der Jugend in der ehemaligen DDR gegeben hat. Zwei gute Bekannte von Frau von Schönburg standen ihm ebenfalls in einem Gespräch zum Leben in der DDR Rede und Antwort. Und Joa? Er schaffte es, mit Mario Adorf in Kontakt zu treten und erforschte Stereotypen in unserem Denken. So hatte Adorf seinen Durchbruch als Schauspieler mit dem Film „Nachts, wenn der Teufel kam“, in dem er einen Mann namens Bruno Lüdke spielte, der in der NS- Zeit zu Unrecht als Massenmörder verurteilt wurde. Lange wurde die Aufarbeitung verdrängt und Lüdke erst jüngst rehabilitiert. Im Jahre 2021 legten Bundespräsident Steinmeier und Adorf vor seinem Haus einen Stolperstein- im Gedenken an das Unrecht, das ihm zuteil geworden ist. Alles Themen mit geschichtlichem Zugang- und alles Themen, die sich als unglaublich spannend bewiesen haben.
Handwerklich haben die fünf Seminarkursler*innen sehr viel gelernt und ihr Können in der Ausarbeitung einer wissenschaftlichen Arbeit gezeigt. So schildert Marcel im Nachhinein: „Anfangs war ich mäßig motiviert, aber als ich mich mit dem Thema genauer auseinandergesetzt habe, hat es mir am Schluss sogar Spaß gemacht.“ Natürlich fordert der Seminarkurs einem einiges ab. Pia betont den interessanten Unterricht, den tollen Kurs, zwar viel Aufwand, einige Hürden- aber am Ende zahle es sich aus. Und alle fünf Absolvent*innen können nun entspannter in ihr finales Schuljahr starten, denn eines haben sie schon erfolgreich in der Tasche: Eine der zwei mündlichen Prüfungen im Abitur werden sie durch den Seminarkurs ersetzen und haben somit ihre erste Prüfung schon absolviert. Herzlichen Glückwunsch zu eurer sehr erfolgreichen Forschungsarbeit! Und um mit Joa zu enden: „Es ist ein schönes Gefühl, das Ergebnis seiner monatelangen Arbeit an einem selbst gewählten, sehr interessanten Thema in seinen Händen liegen zu sehen.“ Genießt das Gefühl und seid stolz- ich bin es auf euch!
Melanie Hölzel für den Seminarkurs Geschichte