Beginnend mit dem Schuljahr 2020 wurde uns, der ehemaligen Jahrgangsstufe 10, im September das Angebot gemacht, an einer Werkstatt für Reportage und Fotografie teilzunehmen. Sechs Schülerinnen des Erasmus-Widman-Gymnasiums haben die Chance wahrgenommen und sich auf die Reise gemacht, eine Reportage zu einem selbst gewählten Thema zu schreiben. In mehreren Treffen haben wir Dank Tilman Rau und Yves Noir, unseren Dozenten, gelernt, wie wir eine Reportage schreiben und passende Fotos dazu schießen können. Leider machte uns die Coronapandemie einen Strich durch die Rechnung und außer unserer Auftakteinheit zu Beginn des Schuljahrs mussten alle Treffen digital und via Zoom stattfinden. Parallel zu der Werkstatt Hohenlohe gab es eine zweite Werkstatt in Tschechien. Das Ziel beider Werkstätten war es, eine Reportage zu schreiben und eine dritte gemeinsame Werkstatt im Grenzgebiet zwischen Tschechien und Polen sollte stattfinden. Die Begegnung wurde mehrmals verschoben, aber im Spätsommer 2021 wurde dann das fast für unmöglich Gehaltene wahr: Wir trafen uns zur deutsch-tschechischen Begegnung und Werkstatt zunächst in Prag, bevor es gemeinsam ins Isergebirge ging, nach Jizerka. Es war uns egal, dass es die meiste Zeit regnete und unglaublich kalt war: Hauptsache, wir konnten uns endlich begegnen und miteinander arbeiten.
Was mit einer Anfrage zu einer Werkstatt begann, wurde zu wunderbaren Freundschaften und sehr schönen Erinnerungen, sowohl in der Werkstatt Hohenlohe als auch in Jizerka und Prag. Und die Ergebnisse lassen sich auch sehen. Anfang 2022 sind die Ergebnisse der letzten eineinhalb Jahre fertig geworden und in einer Broschüre veröffentlicht worden.
Wir präsentieren hier zwei Reportagen von Anneli Belschner und Julia Lederer
Wo Geschichte sichtbar wird
Auf Spurensuche im Mainhardter Wald – Anneli Belschner
Woran denken wir, wenn wir an den Zweiten Weltkrieg denken? An ein globales Ereignis, an Verluste, Allianzen und Konkurrenz. Welche Auswirkungen hatte aber ein weltweiter Krieg auf die einzelnen Menschen? Der Krieg endete in Deutschland vor etwa 76 Jahren. Welche Spuren finden sich noch heute? Die Antworten zu diesen Fragen lassen sich am Beispiel der Gemeinde Mainhardt bei Schwäbisch Hall verdeutlichen.
Geschichte ist im Mainhardter Wald allgegenwärtig. Egal ob wir von den Räubern vom Mainhardter Wald oder dem Limes sprechen, der ihn durchquert. Auch Spuren lassen sich heute noch finden, zum Beispiel die Überreste eines römischen Kastells auf dem Schulhof oder originale Exponate aus der Römerzeit im Römermuseum. Was erinnert in Mainhardt an den Zweiten Weltkrieg?
Noch heute erinnert das Kriegsdenkmal vor der evangelischen Kirche in Mainhardt daran. 1921 errichtet, war es eigentlich als Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges gedacht. Darauf aufgeführt waren nicht nur Leute aus Mainhardt. sondern auch aus den Teilorten. Später wurden Tafeln mit Verschollenen und Gefallenen des Zweiten Weltkrieges ergänzt. Listen mit Gefallenen und Verschollenen lassen sich auch in den verschiedenen Kirchen, wie zum Beispiel Bubenorbis oder Geißelhardt finden. Denkmale sind in den Teilorten rund um Mainhardt verteilt. Eines dieser Denkmale befindet sich auf dem Geißelhardter Friedhof 1957 errichtet, erinnert es an die Gefallenen aus Geißelhardt und den umliegenden Orten. Sowohl Opfer des Ersten wie auch des Zweiten Weltkriegs sind hier verewigt. In Geißelhardt endete der Krieg mit dem Einmarsch der Amerikaner am 17. April 1945.
Ein besonderer Gedenkstein lässt sich in Steinbrück, nahe Mainhardt, finden. 2016 wurde er zum Gedenken an die Geschwister Scholl errichtet. Daneben steht eine Infotafel. Der Vater der Geschwister, Robert Scholl, stammte aus Steinbrück.
Noch heute kann man also Spuren finden. Wie wirkte sich der Krieg aber damals auf die Gemeinde aus? Dazu habe ich Dr. Heike Krause interviewt. Sie hat zwei Bücher über die Geschichte Mainhardts geschrieben.
Gab es signifikante Änderungen in den Lebenssituationen der Leute?
Bis 1942, 1943 nicht wirklich, die Bevölkerung blieb relativ unbehelligt von den Kriegsgeschehnissen. ’42/’43 trafen dann die ersten Evakuierten aus den Rheingebieten und anderen Gegenden ein. Es handelte sich um mehrere hundert Menschen. Das führte zu Zwangseinquartierungen. Ansonsten gab es aber keine wirklichen Änderungen im Alltag.
Der Waldbote (eine Tageszeitung aus der Gegend) informierte über Kriegsvorgänge. Wie sahen diese Beiträge aus?
Der Waldbote war wie viele Tageszeitungen 1940 aus Papiermangel eingestellt worden. Erst 1952 wurde er als Gemeindeblatt wieder ins Leben gerufen. Die einzigen Informationsquellen waren hier das Haller Tagblatt, bzw. öffentliche Bekanntmachungen am Rathaus oder durch den Ratsboten.
Was veränderte sich für die Mainhardter nach Kriegsende?
Eigentlich alles. Nach dem 17. April 1945 kam es zu einem Stillstand. Die Verwaltung war aufgelöst, das Parteivermögen beschlagnahmt und auch die Schule geschlossen. Schulbücher mussten neu besorgt werden, da die vorherigen verboten wurden. Der damalige Mainhardter Pfarrer bot deshalb an, die Kinder mithilfe der Bibel und Gesangsbüchern zu unterrichten. Dies tat er bis September 1945, im Oktober öffneten die Schulen wieder. Gebäude wurden für amerikanische Truppen beschlagnahmt. Die Bevölkerung wurde entwaffnet. Waren und Lebensmittel wurden rationiert und mussten mit Lebensmittelkarten abgeholt werden. Der Vorteil auf dem Land bestand darin, dass hier Bauern Landwirtschaft betrieben. Eine Ausgangsperre von 6 Kilometern zu Fuß um den Wohnbereich wurde verhängt. Die Infrastruktur musste wieder aufgebaut werden. In Mainhardt hieß das, die Molkerei wieder in Betrieb zu nehmen. Durch den Seuchenausbruch nach Kriegsende war eine gute ärztliche Versorgung sehr wichtig. Aus diesem Grund waren Hebammen, Ärzte und Geistliche nicht von der Ausgangssperre betroffen. Wegen der schnellen Ausbreitung von Tuberkulose musste in Schwäbisch Hall extra ein TB-Krankenhaus errichtet werden. Außerdem kamen nun auch Flüchtlinge aus den östlichen Gebieten an. Das Rote Kreuz gründete einen Suchdienst, um Familien wieder zu vereinigen und nach gefallenen oder verschollenen Soldaten zu suchen. Bis 1947 herrschte also ziemliches Chaos.
Gibt es in Mainhardt heute noch Anzeichen des Zweiten Weltkriegs (zum Beispiel Stolpersteine)?
In Mainhardt gibt es das Kriegsdenkmal vor der Kirche. In Hütten gibt es einen Gedenkstein zum Kochendorfer Todesmarsch. Auch die Teilorte (Geißelhardt, Ammertsweiler und andere) verfügen über Gedenktafeln. Steinbrück hat eine Gedenktafel für Hans und Sophie Scholl.
Zum Schluss lässt sich sagen, dass Geschichte nichts ist, was einfach passiert und was man wieder vergisst. Sie hinterlässt Spuren. Sie prägt uns nachhaltig, zeigt unsere Fehler auf. Auch wenn der Krieg sich für uns heute fern anfühlt, ist er nicht einmal 100 Jahre her. Man muss nicht weit gehen, sondern einfach hinschauen und zuhören, denn Erinnerungen daran bleiben.
Es ist wichtig, dass wir uns erinnern und dass wir eben diese Fehler nicht wiederholen. Die Geschichte zu kennen, ist unser großer Vorteil.
Vegetarismus – gesundheitsgefährdend?
– Julia Lederer
Vegetarismus ist das neue Beliebtheitszeichen. Der neue Trend ist kein schickes Klamottenstück mehr, sondern auf Fleisch zu verzichten. Doch was bringt es, dem Trend nachzufolgen und wie schwierig ist es? Was genau verbirgt sich hinter dieser Ernährungsform? Leben Vegetarier gesünder oder droht ihnen ein Nährstoffmangel, da sie auf vieles verzichten? Ich habe mich einen Monat lang auf ein Selbstexperiment begeben, um genau diese Frage zu beantworten. Den Vegetarismus mit der Gesundheitslinse unter die Lupe genommen. Einen Monat lang kein Fleisch zu essen und welche Folgen es für mich hat. Außerdem habe ich mit Frau Prof. Dr. Lührmann gesprochen, die die ernährungsphysiologische Bewertung einer vegetarischen Ernährung übernommen und meine Fragen dazu beantwortet hat.
Vegetarismus ist auf der Überholspur. Immer mehr Deutsche verzichten auf Fleisch. In Deutschland sind es etwa 9,3 Millionen Menschen, die fleischlos leben. Diesen Trend musste ich auch ausprobieren. Doch empfiehlt sich überhaupt so eine Lebensweise oder begebe ich mich auf gefährliches Terrain? Die Ernährungswissenschaftlerin Frau Prof. Dr. Lührmann sagte dazu: „Wenn man von einer vegetarischen Ernährung ausgeht, also eine Ernährung, in der auf Fleisch und Fleischprodukte verzichtet wird, aber nicht auf Milch und Milchprodukte, so ist diese aus gesundheitsförderlicher Sicht uneingeschränkt zu empfehlen.” Somit steht meinem Selbstexperiment nichts mehr im Wege, einen Monat lang kein Fleisch zu essen.
Zu Beginn meines Experimentes musste ich mich wirklich anstrengen. Von jetzt auf gleich kein Fleisch und keine Fleischprodukte mehr zu konsumieren, ist leichter gesagt als getan. Erst wenn genau darauf geachtet wird, kein Fleisch mehr zu essen, wird einem klar, wo überall Fleisch versteckt ist. Es muss nicht immer das offensichtliche, saftige Steak auf dem Grill sein, es kann auch verborgen als Gelatine (Tierknochen und Tierhäute) in Produkten vorhanden sein.
Es ist wirklich herausfordernd und schwierig, bei einer fleisch-konsumierenden Familie auf Fleisch zu verzichten. Ständig musste ich mich selbst daran erinnern, dass ich jetzt Vegetarierin bin und das Gekochte meiner Familie nicht essen darf. Immer wieder musste ich auf die Rückseite des Produktes schauen, weil man sich bei den kleinsten Sachen unsicher war, ob sich doch irgendwelche Fleischprodukte dahinter verstecken. Am Anfang war die Umstellung gewöhnungsbedürftig. Doktor Lührmann hatte keine Bedenken bei mir, dass die Ernährungsumstellung mit gesundheitlichen Problemen einhergeht.
Praktiziere ich eine vielfältige und vollwertige Ernährung, in der viel Obst und Gemüse, reichlich Getreide und Getreideprodukte, vor allem Vollkorn gegessen wird, keine zu großen Portionen von Milch und Milchprodukten verzehrt und genügend getrunken wird, dann müsse ich mir keine Gedanken machen. Natürlich kann es dennoch zu Mangelerscheinungen kommen, nicht nur bei dieser Ernährungsform. Das ist zum Beispiel ein großes Veto von Anti-Vegetariern, doch das kann man vermeiden. Wenn kein Fleisch gegessen wird, dann kann Eisen ein kritischer Nährstoff werden. In gewissen Maßen kann Eisen durch andere Lebensmittel aufgenommen werden, so Lührmann. In pflanzlichen Lebensmitteln, insbesondere in Getreide und Getreideprodukten ist viel Eisen. Das Problem dabei ist, dass die Verfügbarkeit nicht gut ist. Das heißt zum Beispiel, das Eisen von Brot kann deutlich schlechter aufgenommen werden als das Eisen aus dem Fleisch.
Es ist weniger das Problem, dass das Eisen nicht da ist, sondern es ist eher die Art und Weise des Eisens und die Aufnahmefähigkeit. Daran kann man arbeiten, indem man Lebensmittel gut kombiniert. Das ist ein guter Trick für Vegetarier. Nimmt man eisenreiche Produkte zu sich, dann sollte dazu lieber kein Kaffee getrunken werden, sondern Orangensaft. Kaffee hemmt die Eisenaufnahme, Orangensaft wiederum fördert sie. Vitamin C erhöht die Eisenaufnahme. Mit dem Bestimmen des Hämoglobinwertes wird der Eisenhaushalt übersichtlich dargestellt. Sollte eine Mangelerscheinung vorliegen, gibt es eisenreiche Säfte, z. B. Traubensäfte. Ansonsten kann Eisen durch Tabletten supplementiert werden, was keine gesundheitlichen Schäden hervorbringt.
Ich hatte keinen Eisenmangel, weshalb ich mir darüber keine Sorgen machen musste. Aber trotz alledem ist die vegetarische Ernährung wesentlich gesünder im Vergleich zu einer Ernährung, in der viel Fleisch gegessen wird. Wie bekannt ist, wird in Deutschland viel zu viel Fleisch konsumiert. Fleisch in hohen Mengen kann durchaus negative Auswirkungen auf den Körper haben. Frau Lührmann nannte mir die Auswirkungen eines zu hohen Fleischkonsums: „Hoher Fleischkonsum erhöht das Risiko für Übergewicht, Adipositas, Bluthochdruck und für verschiedene Krebserkrankungen. Im Vergleich dazu, also zu unserer durchschnittlichen Ernährung, ist eine vegetarische Ernährung viel gesünder.”
Nicht nur die Gefahr, die mit dem Fleischkonsum einhergeht, spricht für den Vegetarismus, sondern noch andere, einleuchtende Gründe: Die ungeschminkte Wahrheit, welche sich hinter den Scheiben der Schlachthöfe befindet. Der Fleischkonsum, der mit ökologischen Belastungen einhergeht, Stichwort Treibhausgas-Emissionen und ähnliches. Das schlechte Gewissen. Massentierhaltung und viele weitere Aspekte.
Doch immer wieder erheben sich Stimmen, die sagen, diese Ernährungsform kann doch nicht gesund sein, ein Mensch muss Fleisch essen. Aber ich habe in meiner Zeit als Vegetarierin herausgefunden, dass das nicht stimmt. Menschen können ohne Fleisch sehr wohl leben. Je länger ich ohne Fleisch gelebt habe, desto einfacher wurde es. Je mehr ich mich vegetarisch ernährt habe, desto weniger habe ich Fleisch und Fleischprodukte vermisst. Nach einer Zeit hat sich alles eingependelt und war viel einfacher. Aller Anfang ist schwer, doch letztlich lohnt es sich, dranzubleiben.
Ich wollte diesen Trend ausprobieren und es hat wunderbar geklappt. Mir ist klar geworden, dass es kein Trend ist, sondern eine Lebenseinstellung. Isst jemand kein Fleisch, so achtet er auf seine Ernährung und lebt gesünder und bewusster. Lebt man den Vegetarismus, weiß man genau, was gegessen werden kann und was nicht. Mein Selbstexperiment hat mir so gut gefallen, dass ich zusätzlich zwei Monate verlängert habe. Ganz ohne Fleisch kann ich jedoch nicht leben, aber ich habe meinen Fleischkonsum deutlich reduziert. Schaut man auf eine vegetarische Ernährung, gibt es keine großen gesundheitlichen Einschränkungen, wie viele behaupten. Vegetarismus ist gut für einen selbst, und wenn dazu die weiteren, wichtigen Vorteile angeschaut werden, kann ich es mit gutem Gewissen weiter empfehlen.