Die Jahrgangsstufe 11 des Erasmus-Widmann-Gymnasiums begab sich kürzlich auf eine dreitägige Reise nach Straßburg. Ziel war es, den Horizont und das Verständnis für Demokratie zu erweitern. Zum ersten Mal wurde eine solche Bildungsfahrt schulseitig organisiert, und wir sind dankbar dafür, Teil dieser wegweisenden Erfahrung zu sein.
Am Tag der Anreise erkundeten wir die Festung Schoenenbourg, einen Bunker der Maginot-Linie. Dieser ist nicht nur ein beeindruckendes Zeugnis der Geschichte, er gehörte mit weiteren Bunkern zum Verteidigungssystem an der östlichen Grenze Frankreichs im 2. Weltkrieg. Eine geplante Stadtführung per Boot musste leider wegen eines zu hohen Wasserstandes abgesagt werden. Durch diese unerwartete Wendung konnten wir auf eigene Faust durch die Straßen der Innenstadt bummeln.
Der zweite Tag führte uns in das Herz des europäischen politischen Geschehens – das Europäische Parlament. Hier hatten wir die einmalige Gelegenheit, dessen Vizepräsidenten, den deutschen Abgeordneten Rainer Wieland, zu aktuellen politischen Themen zu befragen. Auch die Beschlussfassung neuer Gesetze durften wir miterleben. Herr Wieland appellierte an uns, Demokratie und Freiheit seien keine Rechte, die man sich einfach in die Tasche stecke – wir sollten immer weiter für ihren Erhalt kämpfen und uns unserer Privilegien bewusst sein. Er machte uns deutlich, wie wichtig es für uns sei, politisch informiert und engagiert zu sein.
Im Anschluss erkundeten wir das eindrucksvolle Münster, während von einigen Schülern im geschichtlichen oder französischen Kontext Präsentationen dazu erfolgten. Abends stand Bowling auf dem Programm – für den Spaßfaktor!
Der dritte Tag bot mit einem Europaquiz und einer Schnitzeljagd durch das Europaviertel eine unterhaltsame und lehrreiche Abschlussrunde. Nach einem letzten Genuss der französischen Küche ging es mit den netten Busfahrern Ivo und Peter auf eine Rückfahrt voller Gesang.
Das Verhältnis zwischen neu errungenem Wissen, geschichtlicher und politischen Bildung einerseits und Freizeit andererseits lässt uns darauf plädieren, diese Reise in den zukünftigen Jahren weiterhin anzubieten.
Ein großer Dank gebührt dem Organisations- und Begleitteam rund um Frau Hölzel, mit Frau von Schönburg, Frau Porzelt, Herrn Schmidt und unserem Rektor Herrn Schröder.
An dieser Stelle noch einmal ausdrücklich Danke an Frau Hölzel, die mit großem Engagement und Organisationstalent die gesamte Fahrt auf die Beine gestellt hat. Ohne ihren Einsatz wäre diese Bildungsfahrt nicht möglich gewesen. Wir schätzen es sehr, diese Erfahrung gemacht haben zu dürfen.
Charlotte Sauselin
Im „Leitfaden Demokratiebildung“ des Kultusministeriums, der 2019 an die Schulen in Baden-Württemberg herangetragen wurde, heißt es: „Die Demokratie hat keine Ewigkeitsgarantie: Sie muss ihre Bürgerinnen und Bürger immer wieder erneut von sich überzeugen und für sich gewinnen.“ Dies ist heute kein Selbstläufer mehr – laut einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sind nur noch 49% der Deutschen mit der Art und Weise zufrieden, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert.
Um einen noch stärkeren schulischen Beitrag zu dieser Mammutaufgabe zu leisten, hat das EWG unter Federführung von Melanie Hölzel eine dreitägige Demokratiebildungsfahrt nach Straßburg ins Leben gerufen, die nun zum ersten Mal stattfand: Ein verpflichtendes Modul, das den Elftklässlern Einblick in die komplizierte Funktionsweise der Europäischen Union geben und den Blick für die Errungenschaften der deutsch-französischen Aussöhnung schärfen soll.
Am Tag der Anreise erkundete die Gruppe aus 90 Schülern und Begleitlehrern die Festung Schoenenbourg, einen Bunker der Maginot-Linie. Die weitläufigen, sorgsam restaurierten Bunkeranlagen gehörten zum Verteidigungssystem an der östlichen Grenze Frankreichs im Zweiten Weltkrieg. Dass sich Franzosen und Deutsche noch vor wenigen Generationen in inniger Feindschaft verbunden waren, ist für Jugendliche kaum mehr vorstellbar. An solch einem beklemmenden Ort, der heute ganz selbstverständlich ohne Grenzkontrollen zu erreichen ist, wird das Grauen der Geschichte konkret.
Der zweite Tag führte ins Herz des europäischen politischen Geschehens: das Europäische Parlament. Rainer Wieland, CDU-Abgeordneter und Parlamentsvizepräsident, nahm sich viel Zeit für seine Gäste und beantwortete über eine Stunde lang Fragen. Angesichts der zahlreichen globalen Krisen war er war etwas verwundert, dass sich viele Schülerfragen um seinen persönlichen Werdegang und seine Arbeit als Politiker drehten. Der Abgeordnete macht sich eher Sorgen, dass „uns der Laden um die Ohren fliegt.“ Debatten ums Gendern oder die Legalisierung von Cannabis lenkten nur von den wirklich wichtigen Fragen der Zeit ab – dem Erhalt von Frieden, Demokratie und Wohlstand. Wieland appellierte an die Jugendlichen, sich ihrer Privilegien bewusst zu sein, sich politisch zu engagieren und für den Erhalt demokratischer Errungenschaften zu kämpfen. Im Anschluss an das Abgeordnetengespräch konnte sich die Gruppe auf der Besuchertribüne einen Eindruck von der Arbeit des Parlaments machen. Im Rekordtempo wurden zahlreiche Änderungsanträge zu Beschlüssen abgestimmt, die vorher in den Ausschüssen erarbeitet worden waren. Ein faszinierendes Erlebnis war auch die Simultanübersetzung in alle Amtssprachen der EU. Wer wollte, der konnte sich durch die Kanäle schalten und das Geschehen im Plenum auf Lettisch oder Finnisch verfolgen. Nachmittags wurden dann das Altstadtviertel La Petite France und das eindrucksvolle Münster erkundet. Dabei fungierten Schülerinnen und Schüler als Reiseführer und hielten kurze Vorträge entlang der Route.
Der dritte Tag bot mit einem Europaquiz und einer Schnitzeljagd durch das Europaviertel eine unterhaltsame und lehrreiche Abschlussrunde: Europäischer Rat, Rat der Europäischen Union, Europarat – es ist nicht einfach, den Überblick über die europäischen Institutionen und Entscheidungsprozesse zu behalten (zumal der Europarat auch gar nichts mit der EU zu tun hat). Und welche Kompetenzen hat jetzt nochmal die Kommission? Das Centre d’Information sur les Institutions Européennes (CIIE), das Besuchergruppen spielerisch durch die Komplexität des europäischen Einigungswerks führt, weckte den Ehrgeiz der Schülerinnen und Schüler, am Ende das Quiz für sich zu entscheiden.
Charlotte Sauselin, Teilnehmerin der Bildungsfahrt, drückt sich so aus: „Das Verhältnis zwischen neu errungenem Wissen, geschichtlicher und politischer Bildung einerseits und Freizeit andererseits lässt uns darauf plädieren, diese Reise in den zukünftigen Jahren weiterhin anzubieten.“
Jochen Schmidt