Der Bedarf an Welterklärung hat seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine schlagartig zugenommen. Hauptmann Amelie Nägele, Jugendoffizierin der Bundeswehr, war diese Woche zwei Mal zu Besuch am Erasmus-Widmann-Gymnasium und informierte Zwölftklässler über sicherheitspolitische Herausforderungen.
Jugendoffiziere der Bundeswehr leisten einen Beitrag zur politischen Bildung insbesondere an Schulen, dürfen aber im Rahmen des Neutralitätsgebots keine Werbung für die Bundeswehr machen oder Berufsberatung durchführen. Hauptmann Nägele wurde schon vor dem Ausbruch des Kriegs in den Unterricht eingeladen. Ein Schwerpunkt ihres Vortrags bildete nun natürlich dieser Konflikt, der mehrere sicherheitspolitische Herausforderungen wie zwischenstaatliche Konflikte, hybride Kriegsführung oder Migration umfasst. Dabei zeigten sich die Schülerinnen und Schüler einerseits sehr informiert, andererseits aber auch verunsichert und ohnmächtig. Auch Amelie Nägele konstatiert: „Deutschland hat mit so einem Krieg nicht gerechnet“ und meint damit auch die desolate Verfassung der Bundeswehr, die sich erst seit der Krim-Annexion wieder mit dem Thema Landes- und Bündnisverteidigung befasst habe. Auch würde es noch länger dauern, bis die angekündigten 100 Milliarden der Bundeswehr tatsächlich dort ankämen, wo sie gebraucht würden. Felix will wissen, was Deutschland gegen die ideologische Unterwanderung durch Russland und auch China tut. Nägele verweist darauf, dass Russland im Weißbuch des Verteidigungsministeriums von 2016 wieder als „Aggressor“ gesehen wird und die Bundeswehr dementsprechend auch den Bereich Cyberabwehr gestärkt hat. Ihr eigenes Diensthandy von Samsung habe zum Beispiel keinen Internetzugang, und die chinesische Marke Huawei würde aufgrund von Sicherheitsbedenken gar nicht verwendet. Jan fragt sich, ob sich die Ukraine auf längere Sicht überhaupt halten kann. Dies einzuschätzen fällt freilich auch der Jugendoffizierin schwer, die zumindest in einem sicher ist: „Zurück kann Putin nicht.“ Einen Gesichtsverlust könne sich der Diktator nicht erlauben, um seine Herrschaft nicht zu riskieren. Auch die Gefahr einer nuklearen Eskalation sieht sie in diesem Zusammenhang nicht komplett gebannt.
Nach insgesamt drei Stunden sind noch viele Fragen offen, so auch die nach der möglichen Rückkehr zur Wehrpflicht – dass sich Schülerinnen und Schüler diese Frage überhaupt stellen, zeigt jedoch deutlich, welche Zeitenwende wir gerade erleben.