Feinfühliges Schauspiel um einen kleinen Kumpel
REZENSION AUS DER HEILBRONNER STIMME
Literaturtage 2019
Eine der Versionen zur Entstehungsgeschichte des Bestsellers von 1943 besagt, dass die Ehefrau des Partners seines New Yorker Verlegers Curtice Hitchcock von Antoine de Saint-Exupérys Zeichnungen eines kleinen Jungen, den der Autor selbst einen „Kumpel,den ich in meinem Herzen mit mir rumtrage“ nannte, derart begeistert war, dass sie anregte, daraus eine Geschichte zu machen. Der kleine „Kumpel“, das war „Der kleine Prinz“, den de Saint-Exupéry (1900-1944) damals bei jeder Gelegenheit auf Servietten, Briefränder und Schmierzettel kritzelte.
Kulisse: Ein Wagenrad, über das roter Glasbatist mit weißen Tüllrosen drapiert ist, dient im Foyer des Weygang-Museums bei der Matinee am Sonntag als Kulisse für die Theateradaption der märchenhaften Geschichte aus der Feder des französischen Schriftstellers und Kampffliegers. Die Dramaturgie der Schauspielversion ist ebenso raffiniert wie effektiv: Nele Rößler, Leon Pardon und Jonas Rieder, Schauspieler der Theater-AG des Schwäbisch Haller Erasmus-Widmann-Gymnasiums, teilen sich – erkennbar am gelben Seidenschal um den Hals – im Wechsel die Rolle des Kleinen Prinzen. Auch verwandeln sie sich mit wenigen Requisiten zum Piloten, Säufer, Laternenanzünder, Fuchs, zur Schlange oder aber, mit Buch, zum Erzähler.
Erzählt wird in der einstündigen, verkürzten Version des Dramas die Begegnung des Erzählers und Piloten
mit dem Kleinen Prinzen. Jene berühmte Buchfigur, die nach einem Disput mit seiner prätentiösen Rose (Nele Rößler) von ihrem Heimatplaneten „Asteroid Nummero 3251“ auszog, um auf ihrer Reise durch die Galaxie zur Erde Freunde zu finden und dabei die Welt der Erwachsenen kennenlernt.
„Wer bist du, woher kommst, was machst du hier?“ fragt die Stimme aus dem Off (Barbara Mühlen), untermalt durch eine fernöstlich anmutende Klangkulisse, Währenddessen versuchen sich die drei Akteure
nach einer Bruchlandung mit dem Flugzeug in einer Art Schwerelosigkeit in der fremden Welt zu orientieren, in der sie sich wiederfinden. Ähnlich wie der Kleine Prinz, der nachdem er seine benachbarten Asteroiden besucht hat, außer dem Lampenanzünder niemanden gefunden hat, mit dem er sich vorstellen könnte, befreundet zu sein. Bis er auf den Fuchs (Jonas Rieger) trifft, der ihn bittet, ihn zu zähmen und den er (ebenso wie den Piloten) liebgewinnt. Und welcher ihm ein Geheimnis anvertraut: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“. Er trifft auf die Schlange, deren tödlicher Biss ihm die Rückkehr zu seinem Asteroiden verheißt und damit zu seiner Blume, die er liebt und um deren Wohlergehen er sich sorgt.
Tränen: Mit feinfühligem Unterton und ebenso poetisch wie das Buch gibt sich die Inszenierung von Barbara Mühlen, die durchaus zu Herzen geht. Und es sind echte Tränen, die Nele Rößler beim Abschied vom Kleinen Prinzen weint. Wie auch mancher Zuschauer am Schluss feuchte Augen bekommt. „Fasziniert hat mich, dass das Theaterstück mit relativ wenig Bühnendekoration auskam. Ich habe die ganze Zeit gerade jener Stelle des Buchs, die mich am meisten berührt, entgegenfiebert“, meint Besucherin Doris
Bort aus Pfedelbach.
Renate Väisänen