Eine altbekannte Geschichte, die an und für sich schnell erzählt ist: Vor lauter Hoffnung auf Anerkennung und eine gute Stellung bei Hof nimmt man es mit der Wahrheit nicht so genau und „lobt“ die neuen Gewänder des Kaisers, obwohl er in Wirklichkeit nackt ist und sich von Betrügern hat übers Ohr hauen lassen.
Die Unterstufen-Theater-AG des Erasmus-Widmann-Gymnasiums unter der Leitung von Gisela Rieder präsentierte das bekannte Märchen, „des Kaisers neue Kleider“ sozusagen in neuen Gewand und abendfüllend in einer fast anderthalb-stündigen Aufführung. Da und dort wurde das Setting ein wenig verändert: So ist es nicht der altgediente Kaiser, sondern dessen Sohn und Nachfolger, der sich nach dem Tod des Vaters vor der Inthronisation mit allerlei Ansinnen bezüglich seines Verhaltens und seiner Person auseinandersetzen muss. Obwohl er lieber auf dem Sofa Comics liest und der Meinung ist, dass es doch reiche, der Menge einfach zuzuwinken, will ihn die Bildungsministerin mit echter Literatur füttern. Und dann sind da die ganzen Minister, die sich durch Geld ausgeben profilieren wollen statt den Haushalt zu konsolidieren. Herrlich, wie der Finanzminister ängstlich auf die Kassenlage verweist – und dann doch das wenige Staatsgeld hergeben muss, um die drei Betrüger Flip, Flap und Flop zu entlohnen, damit die Krönung in angemessenem Outfit stattfinden kann. So täuschen die drei mit wenigen Mitteln Maschinengeklapper vor, auf der die angeblich so wertvollen Stoffe aus reinem Gold gewoben werden. Ein Gewand, das natürlich nur den wirklich treuen und ergebenen Mitarbeitern des künftigen Kaisers in vollem Glanz sichtbar ist. Viele geschickte Anspielungen auf aktuelles politisches Geschehen sorgen immer wieder für Lacher im Publikum.
Warum eigentlich ist die Bühne wie ein Laufsteg in die Aula hinein erweitert? Das zeigt die in die Aufführung integrierte Show „Phantasias Next Topmodel“ mit Heidi Klimper und ihren um Aufmerksamkeit heischenden Models. Hier geht es ja auch nur um Aussehen und Darstellung des eigenen Ichs. Gewissermaßen ein Spiel im Spiel und eine Art „Kaisers neue Kleider“ in heutiger Zeit.
Ach ja, und dann wären da noch die um die Gunst des Thronaspiranten buhlenden Prinzessinnen … und der Auftritt von zwei Hippies … und die chinesische Delegation (oder waren sie aus einem anderen Land?) …
Viel Spielfreude am Schelmenstück zeigten alle jungen Schauspieler und Schauspielerinnen, weswegen hier auch keine Namen besonders hervorgehoben werd
en sollen. Als ganz am Ende – Sie wissen – ein Kind die Wahrheit ausruft und der Kaiser, symbolisch mit dem umgehängten Schild „Nackt!“ das auch erkennt, entscheidet er sich für die Badeparty im See und alle machen mit.Durch viel Beifall zeigte das Publikum, dass diese Aufführung gut angekommen ist und Aufführenden wie Zuschauenden gleichermaßen Freude bereitet hat.
Matthias Imkampe